Die Wut ist weg. Zumindest die alles verzehrende unerträgliche Wut darauf, dass er alles zerstört hat. Und jetzt ist da Frieden, wenigstens manchmal. Und dann wieder tauchen Fetzen auf, Gedanken, Gefühle und alles bricht über mir zusammen. Wie unfair das alles ist. So viele Fragezeichen, so viele Zweifel. Ich dachte die Wut war schlimm, aber diese Stille ist noch viel verheerender. Wie kann man etwas vermissen das so schlimm war?
Ich glaub ich hab ihm verziehen. Ich habe wirklich verstanden, dass er nichts dafür kann, und ich habe Mitgefühl. So viel Mitgefühl, dass ich darunter vergraben bin und verzweifelt nach Luft schnappe, wann immer ich genug Kraft zusammenkratzen kann um kurz zu vergessen, wie sehr ich ihn immer noch liebe. Manchmal bedeutet Liebe nie wieder ein Wort mit jemandem zu wechseln. Und ich weiß, dass das richtig ist, aber ich wünschte es wäre anders.
Ich würde ihm das gern sagen - keine Ahnung ob es ihm etwas bedeuten würde, oder ob er das überhaupt verstehen könnte. Ich habe aus Wut gehandelt, weil ich musste, weil das die einzige Möglichkeit war es aushalten und durchziehen zu können. Alle Wut, allen Schmerz, und all die Enttäuschung zusammenkratzen, und sie ihm in Form von neutralen Worten empathie- und gefühllos entgegen werfen. Den Kontakt abbrechen. Für immer.
Ich weiß nicht ob er weiß, dass ich ihn immer lieben werde. Dass ich ihn verstehe, dass ich weiß, dass er mir nie wehtun wollte. Jedenfalls nicht so. Dass ich ihm das nicht mehr übel nehme. Und ich werde es niemals herausfinden. Weil nie wieder miteinander reden, das einzige ist, was wir noch füreinander tun können.
Und manchmal, wenn mich etwas an ihn erinnert, kann ich wieder tagelang an nichts anderes denken. Ich vermisse ihn. Ich vermisse die Gefühle, die niemand außer ihm mir jemals gegeben hat. Wie unfair jemanden zu finden, bei dem man sich geborgen, verbunden und verstanden fühlte und zugleich zu wissen, dass es keine Möglichkeit gibt diesen Teil zu isolieren, zu reaktivieren.
Alles was mir bleibt ist die Gefühle konservieren. Die Liebe, die Geborgenheit zu wertschätzen, wie krass dass wir das erleben konnten so jemanden zu treffen. Wie krass, dass wir unsere restlichen Leben isoliert voneinander verbringen werden.
Vielleicht hat er das alles längst hinter sich gelassen, vielleicht hat er gemerkt, dass es für ihn gar nicht so krass war, nichts außergewöhnliches. Vielleicht kann er auch nicht mehr daran glauben, dass uns etwas besonderes verbindet, weil ich ihn verlassen habe. Das ist okay. Ich könnte das verstehen.
Für mich wird es das vermutlich bleiben. Unsere gemeinsame Zeit war die schlimmste und beste Zeit die ich je hatte. Ich kann mir nicht vorstellen, noch einmal so zu fühlen. Und auch das ist okay.
Vielleicht wird er am Ende doch der Mann meines Lebens sein - der Mann, der mir das Gefühl von Verbundenheit geben konnte. Ich werde versuchen die Liebe zu bewahren und die Wut nicht wieder herein zu lassen.