zwischen warm & kalt


Ich öffne die Haustür und die Hitze schlägt mir mit ihrer Faust mitten ins Gesicht. Ich hasse Sommer. Es ist einfach zu warm für mich. Ich bekomme auf der Stelle Kopfschmerzen. Ich steige aufs Fahrrad und setze mich in Bewegung. Plötzlich fühlt es sich gar nicht mehr so schlecht an. Die heiße Luft streichelt meine Haut, streicht mir sanft die Haare aus dem Gesicht. Es fühlt sich vertraut an, wie ein Freund oder ein geliebter Mensch, der nur das beste für mich will. Klar, er übertreibt es ein bisschen mit der Wärme, doch er meint es ganz sicher gut. Ich beeile mich nicht, wenn ich den Zug verpasse nehme ich einfach den nächsten, ich habe Zeit.
Ich laufe die Treppen hinunter, und mit jeder Stufe wird es kühler und der Geruch nach Urin nimmt zu. Es ist nicht dunkel und eigentlich auch nicht düster, doch dieser Ort strahlt Hoffnungslosigkeit aus. Fast so, als würde da wo die Sonne nicht hinkommt alles von Gleichgültigkeit überschwemmt werden. Die Kühlheit ist angenehm, doch die Trostlosigkeit füllt mich mit Leere.
Ich steige die Treppenstufen zur Hälfte hinauf. Hier zwischen Heiß und Kalt, zwischen Trostlosigkeit und dem sanften streicheln der warmen Luft halte ich Inne.
Der Zug kommt auf die Sekunde pünktlich und ich verlasse meine Komfortzone, wage mich ins Licht und dann sofort schnell wieder in die Kühle des Waggons.
Ich beobachte einen, vermutlich von einem Schlaganfall geschädigten, Mann. Er kämpft sich von dem WC zu seinem elektrisierten Thron. Er wirkt missmutig und ich frage mich was ihm wohl durch den Kopf geht wenn ich ihn anschaue.
Eine Zugbegleiterin erscheint 'alles gut bei Ihnen' fragt sie ihn und ich frage mich ob das jetzt unhöflich war, schließlich fragt sie die anderen Fahrgäste auch nicht, und er scheint gut zurecht zu kommen.
Nachdem ich den Zug verlassen habe sehe ich ein paar Blumen und Gras, in der leichten Brise bewegt es sich ganz leicht hin und her. Ich muss kurz stehen bleiben weil ich so fasziniert bin von der Lebendigkeit der Natur.
Sie scheinen die Sonne zu genießen, wirken so von Grund auf positiv. Ich wünschte der Mann aus dem Zug hätte das sehen können.



2 Kommentare:

  1. Ein wirklich schöner Text, der durch Raum für Interpretationen lässt. :-) Mir gefällt der Satz bezüglich der positiven Blumen sehr gut, denn ich habe auch immer das Gefühl, dass Pflanzen eine positive Grundeinstellung ausstrahlen.

    Viele Grüße
    Rebecca

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    1. Hallo Rebecca,
      vielen Dank für deine Worte, ich freu mich wie verrückt, dass du den Text magst. Ich finde Pflanzen total faszinierend. Auch wenn sie nicht mit uns reden können, scheinen sie so viel sagen zu wollen (:

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